Reine Gefühlssache
Ski ist nicht gleich Ski
Erst die Abstimmung zwischen Material, Kunde und Piste führt zum perfekten Ergebnis. Hans Hofer, ehemaliger Profi-Weltmeister, verleiht Skiern von Bründl Sports den letzten Schliff.
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MehrwissenIch weiß, dass es unterschiedliche Skitypen gibt, dass ein Ski Schaufel, Taille und Heck hat und über Kanten und Lauffläche verfügt. Wer aber einmal Hans Hofer bei der Arbeit zugeschaut hat, hört, wie inbrünstig er über das perfekt präparierte Sportgerät spricht, der ahnt, dass so ein Ski ein komplexes Gebilde ist.
Hans Hofer ist Bründls Mann fürs Finetuning. Seit 2010 leitet er in Kaprun den neu geschaffenen Bereich Ski- und Rennservice. Hofer ist der Skiflüsterer. Er weiß, wo der Schuh beziehungsweise der Ski drückt. Er bringt es auf eine eingängige Formel: »Ein Ski, der gut präpariert ist, läuft leichter. Ein Ski, der leichter läuft, dreht leichter. Ein Ski, der leichter dreht, erfordert weniger Kraftaufwand. Letztlich verringert sich dadurch die Verletzungsgefahr.« Soweit die Theorie.
Der Skiflüsterer
Die Praxis beginnt Mitte August. Wenn noch keiner so recht ans Skilaufen denkt, spannt Hofer die ersten Exemplare in seine Werkbank. Im Oktober, wenn »das Remmidemmi« (Hofer) einsetzt, können die Kunden bereits etliche Modelle aufbereitet mitnehmen. Bis zum Ende der Saison Anfang Mai werden Hofer und seine Helfer um die 12000 Paar unter ihre Fittiche genommen haben. Hinzu kommen rund 3000 Paar in Handarbeit. Denn auch wenn hochmoderne Skiservice-Roboter der Marken Wintersteiger und Reichmann die Arbeit automatisiert haben, ist keine Maschine so gut, dass sie den Menschen völlig ersetzt. Der Umgang mit dem Seitenwangenhobel, dem Kantenwinkel, dem Haarlineal, den verschiedenen Feilen und all den Bürsten aus Rosshaar, Kupfer und Kunststoff ist eine Kunst für sich. Vom Wachsen und Ski ausbürsten ganz zu schweigen. Hofer schaut sich die Biegelinie an, überprüft die Struktur, kontrolliert die Beläge. Und er rückt der Seitenwange zu Leibe und formt den idealen Kantenwinkel. Alles für Schwung und Spurtreue.
»Da schau her«, sagt Hofer. Behände lässt er seinen Seitenwangenhobel über die Kante gleiten. Gefühlvoll schabt er ihn an der Linie entlang, in einem Zug, ohne zu rupfen. Metallfäden lösen sich vom Ski, kringeln sich wie Schweineschwänzchen und fallen zu Boden. Die geschärfte Kante blitzt sauber im Sonnenlicht. »Jetzt du«, ruft Hofer und gibt mir sein Werkzeug. Es dauert nicht lange, schon verhakt sich der Hobel. Der Druck auf den Ski ist viel zu ungleichmäßig, der Bewegungsablauf nicht harmonisch. Statt ordentlicher Gewölle rieseln nur ein paar Späne herab. Hofer lächelt milde und schleift flugs die zerfurchte Kante nach. Er weiß, dass es ein Jahr dauern kann, ehe sich das Gefühl für den richtigen Rhythmus einstellt. Bei Hofer sieht das aus wie eine Schönheits-Operation im Schnelldurchlauf. Das Präparieren ist ihm in Fleisch und Blut übergegangen.
Tipps vom Weltmeister
Wie ein roter Faden zieht sich das Thema Ski durch sein Leben. Hofer ist Junioren- Weltmeister und mehrfacher Profi- Weltmeister gewesen. Viele Jahre ist er in den USA gefahren. Danach hat er bei renommierten Skiherstellern gearbeitet, zuletzt in der Forschungsund Entwicklungsabteilung des Österreichischen Skiverbands. Jetzt gibt er seine geballte Erfahrung im Namen Bründl weiter: an Hobbyläufer und Profis, im Verkauf genauso wie im Verleih. »Wo Bründl draufsteht, soll auch Bründl drin sein«, sagt Hofer. Für Sätze wie diesen lieben sie ihn.
Und dafür, dass er aus leidlichen Skifahrern bessere macht. »Das Material muss funktionieren«, sagt Hofer, »der Kunde soll seinen Urlaub genießen.« Manche bringen abends ihre Ski vorbei und holen sie morgens wieder ab. Hofer ist also auch so etwas wie der Formel 1-Mechaniker der Skipiste – mit dem Rent Center, gegenüber dem Stammhaus, als Boxengasse. Hier wuselt er während der Saison von früh bis spät. Im Herbst hält er Kurse übers Ski präparieren. Und im Sommer schlüpft er in die Rolle des Bergbauern. Sein zweites Leben spielt sich im Wildkogelgebiet ab, Hofers Heimat. Dort hat er eine Alm mit Fleckvieh. Die Milch verarbeitet er zu Butter und Käse, damit sich Wanderer bei einer Jause gütlich tun können. Es ist fast unmöglich, mit Hans Hofer nicht irgendwie in Berührung zu kommen.